Über den Kunstpfad

Die Anfänge des Nieheimer Kunstpfads gehen auf die Weltausstellung EXPO 2000 in Hannover zurück. Im Jahr 1999 setzten die Eheleute von der Borch und die Stadt Nieheim, als Initiatoren des „Nieheimer Kunstpfades“, erste Impulse: sie luden zu einem Symposium, an dem Landschaftsarchitekten und internationale Künstler wie Auke de Vries (Niederlande), Edward Allington (Großbritannien) und Marco Agostinelli (Italien) ebenso teilnahmen wie Peter Murray, Gründer und Leiter des weltweit renommierten Yorkshire Sculpture Park (Großbritannien). Durch gemeinsame Exkursionen vor Ort wurden die Erwartungen formuliert, welche an die Kunst im Landschaftraum geknüpft werden und in wie diese ohne inhaltliche Abstriche umzusetzen ist.

Die Landschaft um Nieheim gliedert sich in zahlreiche aufeinander bezogene Einheiten, z. B. hinsichtlich von diversen Architekturkomponenten, dem Straßen- und Fußwegenetz, den naturbelassenen Wäldern, den Felder, Weiden und Hecken. Der Leitgedanke des Nieheimer Kunstpfades ist dabei das bereichernde Wechselspiel von Landschaftsräumen und künstlerischen Projekten, letztere dabei stets in Bezug zur unmittelbare Umgebung gesetzt. Dabei stellt sich der Kunstpfad nicht als eingehegter Skulpturenpark dar, sondern die Kunstwerke befinden sich, Naturdenkmälern gleich, über den grosszügigen Landschaftsraum verteilt und dabei lediglich durch die Wegstrecke und den sich darauf eröffnenden Aussichten verbunden.

Als erste Künstler wurden seinerzeit Auke de Vries, Birgit Kratzhelle und Edward Allington gebeten, Arbeiten zu realisieren; diese künden – durch notwendige Instandhaltungsarbeiten im Fortbestand gesichert – nach mehr als 20 Jahren von den Anfängen des Nieheimer Kunstpfades. Die Arbeiten wurden wurden damals unter der kenntnisreichen Kuratierung von Peter Murray realisiert. Die Auswahl der Objekte bot nicht nur einen Querschnitt durch die Fragen aktueller Kunst, die globale Künstlerliste brachte schon damals die Welt nach Nieheim.

Weitere Objekte folgten, teilweise auch mit stark performativen und somit zeitlich begrenztem Charakter, so etwa die Installation „Encore“ von Helen Escobedo (Mexiko); die Windharfe der chinesischen Künstlerin Yin Xiu Zhen (China), das „Water Diary“ von Song Dong (China) oder das Waldxylophon,Wolfgang Georgsdorf (Österreich).
Diese mussten, nach einer angemessenen Zeit am Kunstpfad, um- oder gar ganz abgebaut wurden. Aus dieser Phase steht noch die „Parkettinsel“ von Beat Breitenstein (Schweiz) der unmittelbaren Begehung durch die Besucher offen. Einzige tatsächlich bewohnbare Kunstarchitektur war das Baumhaus von Nick von der Borch (Australien). Auf Grund der Schädigung seines tragenden Baumes, einer Esche, kann es nur noch von aussen betrachtet werden und wird das Baumhaus wohl über kurz oder lang ersetzt werden müssen. Hier wirkt der forstschreitende Klimawandel auch in die Programmatik des Kunstpfades hinein.

Nach wie vor lockt der Nieheimer Kunstpfad eine wachsende Zahl Besuchern in die Region, um die Kunstwerke in und als Natur zu erleben. Unter dem Dach des Freundeskreises KulturGut Holzhausen e.V. wurde ein weiterführendes Konzept entwickelt, um den auf 10,5 km erweitertem Rundweg stetig mit neuen Werken auszubauen und auch international als Ziel für Kunst- und Naturliebhaber zu etablieren.

Das Augenmerk liegt dabei auf Künstlern, deren Formensprache mit den immateriellen Eigenschaften und Anforderungen der Umgebung korrespondieren.
Die Werke sollen die Wahrnehmung des Betrachters für die Landschaft schärfen und zugleich neue, markante Landschaftspunkte setzen. In Abstimmung mit der Stadt Nieheim ist der Nieheimer Kunstpfad auch für Wanderer weiter entwickelt und als offizieller Deutscher Qualitätswanderweg im Programm „Wanderbares Deutschland“ vom Deutschen Wanderverband zertifiziert worden. Allein durch diese Massnahme findet sich der Nieheimer Kunstpfad im Blickfeld bundesweiter touristischer Aufmerksamkeit. Stadt und Region erwarten daraus weitere Impulse für die Entwicklung des sanften Tourismus; einem stets wichtiger werden Strukturfaktor für das Nieheimer Land. Die in der aktuellen Erweiterungsphase ins Leben gerufenen Projekte schlagen eine Brücke von den bereits aus den Gründerjahren des Nieheimer Kunstpfads bestehenden Objekten hin zu einem Programm, welches internationalen Ansprüchen gerecht wird.

Als Auftakt dieser Ausbauphase schuf der gebürtige Amsterdammer Andreas Kopp 2017 auf der historischen Eichenallee, auf der sich die Wanderer vom Ausgangspunkt Gut Holzhausen in den Wald hinein begeben, ein Ensemble aus über 350 Jahre alten, mannshohen Eichenstämmen. Die zweiteilige Skulptur interpretiert das Thema von Hin- und Rückweg, das sich auch, in einer ungleich globaleren Auslegung, als Reise und Heimkehr formulieren lässt, ein Gleichnis von Verharren und Mobilität.
2019 ist der Nieheimer Kunstpfad durch eine große Skulptur des international bekannten israelischen Künstlers Ilan Averbuch (Israel, USA) erweitert worden.
Aus dem Dach eines alten Rinderunterstandes bei Erwitzen, weithin sichtbar in ein sanftes Hügeltal gebaut, erhebt sich die Karkasse eines Schiffes. Sowohl die Scheune als auch das Bootsgerippe sind auf das Nötigste reduziert und verknüpfen sich zu einem archaischen Landschaftszeichen.

Für die Erweiterung des Rundweges sind bereits weitere künstlerische Interventionen initiiert, um die durch die Streckenausdehnung im Landschaftsraum entstehenden Lücken programmatisch wie geografisch zu schliessen. So konnte als nächster Künstler Andy Goldworthy gewonnen werden, um ein Projekt am Kunstpfad zu konzipieren. Im Zuge dessen hat Goldsworthy das Terrain des Nieheimer Kunstpfades erkundet und mit den Verantwortlichen ein mögliches Projekt entwickelt, an dessen Umsetzung bereits hinter den Kulissen gearbeitet wird. Es wäre das erste permanente Werk im Aussenraum des Künstlers in Deutschland und soll für die Besuchern ab Sommer 2021 begehbar sein.

Darüber hinaus sollen Wechselflächen Raum für auf eine Saison begrenzte Projekte bieten. Hier soll nicht nur dem Nachwuchs der Kunsthochschulen in der weiteren Region (Kassel, Münster, Düsseldorf) die Möglichkeit zur Umsetzung von Arbeiten im grösseren Massstab gegeben werden; es sollen so auch aktuellste Positionen auf den Kunstpfad eingebracht werden und diesen zu einem immer wieder lohnenden Besuchsziel machen. Des Weiteren werden begleitende Aktivitäten wie Ausstellungen oder Kursangebote in der eigens dafür hergerichteten sog. „Galeriescheune“ auf Gut Holzhausen entwickelt.